“Die Kurse sind so stark gefallen. Du musst jetzt einsteigen!” “Klar ist der Goldpreis gerade hochgegangen, aber du wirst sehen, das geht noch richtig ab.” “Wer jetzt nicht in Kryptowährungen investiert, verpasst den Deal seines Lebens.”

    Diese und ähnliche Aussagen spielen mit deinen Emotionen. Ganz vorn mit dabei die Angst. Vor allem die Angst etwas zu verpassen. The fear of missing out, kurz FOMO, ist ein beliebtes Mittel, dich zu einer bestimmten Handlung zu bewegen. Dein Unterbewusstsein spielt dabei eine entscheidende Rolle. Wie du dieser psychologischen Falle entkommst und worauf du achten solltest, klären wir in diesem Blogbeitrag.

    Die schlechtesten Ratgeber an der Börse: Angst und Gier

    Steigende Inflationsraten, Konflikte und Kriege, einbrechende Einnahmen, Jobverlust, Achterbahnfahrten an der Börse – die Welt ist in Aufruhr und all das während wir uns immer noch mit den Auswirkungen, einer zwar hoffentlich auslaufenden, aber noch allgegenwärtigen Pandemie herumschlagen.

    All das bietet den perfekten Nährboden für Angst und Gier. Die Angst sein Geld zu verlieren, den optimalen Einstieg zu verpassen. Die Gier nach den höchsten Gewinnen in möglichst kurzer Zeit. Selbst die rationalsten Anleger*innen unter uns, sind vor derlei gefühlsbasierten Entscheidungen nicht gefeit. 

    Unterbewusst schwingt FOMO immer mit. Vor allem in Zeiten von fallenden Kursen entwickeln sich zwei Bewegungen. Zum einen diejenigen, die ihr Geld schnell in vermeintlich sichere Assets übertragen wollen – wir sehen an den Staatsanleihe- und Gold-Kursen und zum anderen diejenigen, die Angst haben, den besten Einstiegszeitpunkt zu verpassen.

    Nun kannst du dich selbst fragen, ob du auf Basis dieser Einstellungen gute Entscheidungen treffen kannst. Die Antwort scheint simpel. Nichtsdestotrotz ist es schwer, diese so starken, in uns wirkenden Emotionen herunterzufahren und überlegt zu handeln.

    Die schlechtesten Ratgeber an der Börse: Angst und Gier

    Wie FOMO die Börsenkurse beeinflusst

    Die verhaltensorientierte Kapitalmarktforschung (Behavioral Finance) hat in Studien belegt, dass unsere Emotionen die Börsenkurse bewegen. Die psychologischen Mechanismen, die im Menschen wirken, sind einfach in unserem Inneren verankert und schwingen immer mit. Bei dem einen setzen sie sich stärker durch, bei dem anderen weniger. 

    Individuelle Erfahrungen, Vorbereitung und Wissensaufbau tragen entscheidend dazu bei, wie wir als Angler*in auf schwankende Kurse reagieren. Das, was sich dann in den vorherrschenden Marktbewegungen zeigt, ist demnach eine Kombination aus Mathematik und Psychologie.  



    Aus diesem Grund zeichnet die Börse immer ein Bild der Zukunft und kann sich mitunter von den realwirtschaftlichen Entwicklungen entkoppeln. Anleger*innen und Investor*innen beziehen alle ihnen zur Verfügung stehenden Informationen in ihre Schritte mit ein. Nachrichten zur Inflationsrate, Lieferengpässen, Zinsanhebungen oder Krisen werden werden verarbeitet, analysiert und interpretiert. 

    Die daraus entstehenden Schlüsse und im Besonderen die daraus resultierenden Erwartungen und Annahmen werden sofort in die Kurse miteingepreist. Dieser Effekt wurde bereits in der Effizienzmarkthypothese belegt. 

    Daher ist es auch so schwierig für aktive Anleger*innen über einen langen Zeitraum hinweg den Markt zu schlagen, sprich konstant gute Ergebnisse bei der Auswahl sowie dem Kauf und Verkauf  ihrer Wertpapiere zu erzielen.

    Wie FOMO die Börsenkurse beeinflusst

    Wie kann ich mich vor FOMO schützen?    

    Um dennoch nach bestem Wissen und Gewissen zu handeln, können dir bestimmte Schritte und Vorgehensweisen helfen. Diese möchte ich jetzt anhand von Fragen, die dir vielleicht gerade im Kopf herumschwirren, durchgehen.

    “Ist jetzt der beste Einstiegszeitpunkt?”

    Der beste Einstiegszeitpunkt war gestern, der zweitbeste ist heute. Kommt in dir die Angst auf, den idealen Einstiegszeitpunkt zu verpassen, dann lass dir gesagt sein “It’s time, not timing.” Was meine ich damit. 

    Zum einen kann niemand vorhersagen, ob jetzt gerade der tiefste Punkt und damit der perfekte Zeitpunkt zum Investieren gekommen ist. Niemand weiß, ob die Kurse nicht noch weiter nach unten gehen oder sich heute Nachmittag schon wieder erholen werden. Niemand von uns hat die Pandemie, den Ukraine-Konflikt oder die Zinswende in dem Maße vorhergesehen, wie sie tatsächlich eingetroffen sind.



    So kam der schnelle Anstieg der Kurse nach dem Dip im Februar 2020 für viele überraschend. Die meisten hatten nicht mit einer so schnellen Erholung der Märkte gerechnet. Bist du wirklich an einem langfristigen Vermögensaufbau mit einer Buy-and-Hold Strategie interessiert und damit meine ich einen Anlagehorizont von mindestens zehn bis fünfzehn Jahren, kommt es nicht auf den perfekten Einstiegszeitpunkt an.

    Investierst du mit einem breit gestreuten Weltportfolio, das nicht nur unterschiedliche Asset-Klassen, Branchen, Regionen, Länder und Unternehmen sowie eine zeitliche Diversifikation mit einbezieht, in den Markt statt zu versuchen ihn zu schlagen, ist der Zeitraum und nicht der Zeitpunkt der Anlage ausschlaggebend.

    Wie kann ich mich vor FOMO schützen?    

    Durch regelmäßiges Nachkaufen über Dekaden hinweg, werden Marktauf- und Marktabschwünge beim Kauf ausgeglichen. Gleichzeitig profitierst du dabei von einem generellen, globalen Wirtschaftswachstum und lässt so dein Vermögen vielleicht etwas langsamer aber stetiger wachsen. 

    “Ich habe noch nie investiert. Soll ich jetzt starten oder meinst du die Kurse fallen noch weiter?”  

    Genau diese Frage habe ich in der Familie gestellt bekommen. Ein klassischer Fall von FOMO und natürlich kann ich diese Frage nicht beantworten, aufgrund fehlender Glaskugel. Ich würde niemandem raten jetzt voreilig zu handeln. 

    Wer seine Hausaufgaben nicht gemacht hat und sich jetzt von der Angst und der Gier, etwas zu verpassen leiten lässt, wird später das Nachsehen haben. Das wird sich dann darin äußern, dass bei fallenden Kursen Panikverkäufe einsetzen.



    Genau das, sollte mit der richtigen Vorbereitung nicht passieren. Was meine ich damit? Eigen dir das entsprechende Wissen zu Aktien, Börse, Anleihen, ETFs und Kursentwicklungen an. Definiere deine finanziellen Ziele und deine Strategie, wie du diese erreichen willst. Ermittle deinen monetären Status quo und deine Risikobereitschaft.

    Erst, wenn du diese Punkte abgehakt hast, bist du eine Investition an der Börse vorbereitet. Du musst dir dafür keine Ewigkeit Zeit nehmen. Das entsprechende Know-how und die Vorbereitungen kannst du, wenn du fokussiert arbeitest, in circa 4 Wochen erledigt haben.

     Im meinem Umsetzungscoaching “Vermögensaufbau mit ETFs” arbeiten wir sehr intensiv und ich nehme mir für die Teilnehmer*innen sieben Wochen.

    Meine Antwort auf diese Frage lautet ganz klar: Keine Investition ohne adäquate Basis in Verständnis und Vorarbeit.     

    “Ich habe noch nie investiert. Soll ich jetzt starten oder meinst du die Kurse fallen noch weiter?”  

    “Soll ich jetzt alles verkaufen?”

    Du dieser Frage möchte ich zwei Punkte anbringen:

    Kannst du Nachts nicht mehr gut schlafen, dann musst du zurück auf die Schulbank und deine Hausaufgaben nochmal machen. Dann tritt nämlich genau der Fall ein, den ich zuvor beschrieben habe. Fehlen das Wissen und die Planung kann das sehr schnell zu Panik führen, wenn es mal etwas heftiger ruckelt.

    Es kann gut sein, dass wir nun länger anhaltende Marktabschwünge sehen. Dazu sei gesagt, dass wir im letzten Jahrzehnt durch die stetigen Aufwärtsbewegungen extrem verwöhnt wurden. Die Frage lautete daher nicht, ob du mit deinen Investitionen Geld verdienst hast, sondern wie viel. 

    Die Tragweite einer wenig durchdachten Anlage sowie eines unsicheren Anlegers, zeigt sich erst jetzt, wo es auf Talfahrt geht. Verspürst du also ein enormes Unbehagen oder denkst: “Schnell raus da, bevor mein Geld komplett futsch ist.”, solltest du dir nochmal Gedanken zu den oben genannten Punkten machen.   



    Hast du dich gut vorbereitet und fühlst dich trotzdem unsicher, solltest du dein Mindset nochmal überprüfen. Denn im Moment kannst du dich, eher im Gegenteil, darüber freuen, dass du jetzt günstig nachkaufen kannst. >>> Keine Bewertung der Gründe, die zu den günstigeren Kursen geführt haben. Selbstverständlich sind diese kein positiver Anlass.<<<

    Klar fühlen sich sinkende Kurse im Portfolio erstmal unangenehm an. Erst recht, wenn man durch die letzten Jahre derlei Ups nicht gewöhnt ist. Bist du allerdings gut vorbereitet, damit meine ich du hast das entsprechende Wissen aufgebaut, deine Ziele und deine Strategie definiert, darfst und solltest du die günstigen Einkaufspreise mitnehmen.

    “Soll ich jetzt alles verkaufen?”

    In einige Fällen lohnt es sich hier etwas Cash für genau solche Situationen vorzuhalten. Hast du also irgendwo noch etwas rumliegen, bei dem du denkst, dass du es noch investieren kannst oder willst, kann dies ein guter Moment sein. Aber dann gedanklich bitte immer meine Antwort zur ersten Frage im Hinterkopf behalten: es wird NIE der perfekte Moment sein. Spekuliere nicht darauf, ansonsten wechselt dein Verhalten schnell von passiv zu aktiv und bekommt Züge von Market Timing und FOMO.

    Davon solltest du jedoch eher die Finger lassen. Zahlreiche aktive Investoren haben sich daran bereits die selbigen verbrannt. Man liest nur leider sehr viel weniger über diejenigen, die es nicht geschafft haben. Eine Erfolgsgeschichte verkauft sich eben besse. Aber für dich kann es eine Option sein, hier etwas an der Sparplan-Schraube zu drehen und deine Investitionsbeträge für einen gewissen Zeitraum zu erhöhen.   

    Hast du dich bei einer dieser Fragen erwischt? Wie fühlst du dich beim Blick auf dein Depot? Schreib es mir gern in die Kommentare. Ich freue mich von dir zu lesen 🙂