Sollte ich trotz Schulden in ETFs investieren?

    Sollte ich trotz Schulden in ETFs investieren?

    Sollte ich trotz Schulden in ETFs investieren?

    Bevor du dich mit dem ganzen Thema sparen, anlegen und Schulden abbauen beschäftigst, solltest du als erstes eine Aufstellung deines Einkommens und vor allem deines Nettovermögens machen. Insgesamt schaust du dir dabei nicht nur dein Gehalt, sondern auch alle Ersparnisse, Immobilien, Aktien und weiteren Vermögenswerte, die du besitzt an. Dem Gegenüber stellst du dann deine Verbindlichkeiten, also alle deine laufenden Kredite und anderen Schulden, die du hast.

    Hier findest du eine Übersicht, wie du eine Aufstellung deines Nettovermögens vornehmen kannst und warum das so wichtig ist.

    Wenn du das erledigt hast, hast du einen guten Überblick über deine derzeitige finanzielle Situation und kannst dich nun mit dem nächsten Punkt beschäftigen.

    Nimm deine Schulden genau unter die Lupe

    Schulden sind nicht gleich Schulden. Es gibt Verbindlichkeiten, die man als gute oder schlechte Schulden einstufen kann. Hier erkläre ich nochmal genau, worin der Unterschied besteht. Als Beispiel sei hier vorweggenommen, Konsumschulden sind immer schlecht. Also die monatlichen Kosten, die du für dein Auto oder die neue Designer-Tasche aufbringen musst, sind immer negativ zu bewerten. Bafög, das du noch zurückzahlen musst, hingegen können als “gute Schulden” eingestuft werden.

    Titelbild: Pixabay / mohamed Hassan / 2019

    Warum sind Konsumschulden “schlechte” Schulden?

    Für Konsumschulden zahlst du immer drauf. Und das nicht nur in Form von Zinsen. Meist, wenn ich mir eine teure Tasche gekauft habe, habe ich diese ganz bequem in drei Raten abbezahlt. Allein durch den Ratenkauf habe ich schon 5% zusätzlich bezahlt. Aber es gibt ja auch viele Angebote mit einer 0% Finanzierung, wirst du jetzt denken. Da ist eine Ratenzahlung doch dann wohl kein Problem. Und das ist genau der Denkfehler, den ich früher auch immer gemacht habe. Selbst, wenn du keine zusätzlichen Zinsen auf deinen Ratenkauf zahlst, gibst du dennoch Geld aus, das du eigentlich nicht hast. Hättest du das Geld, müsstest du gar nicht erst über eine Ratenzahlung nachdenken.

    Warum du zuerst deine Schulden tilgen solltest

    Für den Kredit, den du aufgenommen hast, fallen in regelmäßigen Abständen immer gleichbleibende Raten an, die du tilgen musst. Das belastet dich nicht nur finanziell, sondern auch psychisch. Was passiert, wenn du eine Rate mal nicht bezahlen kannst? Was passiert, wenn du sogar deinen Job verlierst? Allein von dieser Perspektive aus, ist es sehr ratsam, zuerst alle Schulden zu begleichen. Darüber hinaus sind die meisten Kredite so angelegt, dass die anfallende Zinsbelastung immer gleich bleibt. Also der Anteil, den du noch zusätzlich zur Summe für die Inanspruchnahme des Kredites bezahlen musst, bleibt immer gleich. Die Renditen, die du mit einem Investment erwirtschaftest, können dahingegen stark schwanken.

    Dispokredit

    Wir können uns dazu ja mal folgendes Szenario vorstellen: 

    Sarah gönnt sich gern etwas. So auch, als sie sich eine neue Gucci-Tasche zulegt, die sie schon sooo lange haben wollte, sich aber nie leisten konnte. Leider kann sie sich die Tasche auch jetzt noch nicht leisten, aber wozu gibt es denn den Dispo ihres Kontos? Diesen nutzt sie, um die Tasche zu bezahlen. Allerdings schlägt sich die derzeitige Niedrigzinspolitik nicht auf den Dispokredit nieder. Durchschnittlich liegen die Dispozinsen bei circa 10%. Sarah möchte sich gern besser für ihre finanzielle Zukunft absichern und beschließt nun regelmäßig eine gewisse Rate in ihre ETFs zu investieren. Leider schafft sie es in den folgenden Monaten nicht von ihrem Dispokredit runterzukommen. Sie zahlt also gleichzeitig die Dispozinsen und legt ihr Geld in ETFs an. 

     

    Beispielrechnung:

    • Der Dispozins beträgt 10%
    • Sarah muss ihr Konto nun mit 1.000 EUR jeden Monat überziehen
    • Dieser Zustand besteht nun ein Jahr

    Das bedeutet, dass Sarah in diesen 12 Monaten 100 EUR an Überziehungszinsen bezahlen muss. Dabei hat sie den Dispokredit aber noch nicht zurückbezahlt und müsste so nun jedes Jahr 100 EUR an Dispozinsen bezahlen.

    • währenddessen legt sie pro Monat etwa 83 EUR in ETFs an
    • nach 12 Monaten hat sie hier 1.000 EUR zusammen
    • die Durchschnittsrendite des MSCI World liegt bei 8,7%
    • hinzu kommen noch Orderprovision und Steuern, also bleiben davon vielleicht noch 5% übrig

    Somit könnte Sarah in einem durchschnittlichen Jahr (ganz vereinfacht gerechnet) 50 EUR Rendite erwirtschaften. 

    ABER: Eine Durchschnittsrendite heißt nicht, dass diese auch immer so eintrifft. Es kann genauso sein, dass die Rendite des MSCI World in diesem Jahr bei -23% liegt. 

    Und stattdessen Sarah ihre Schulden abbezahlt, schleppt sie diese und die entsprechenden Zinsen nun weiter mit sich herum.

    Darüber hinaus sollten wir uns die Regeln, die wir beim Investieren in ETFs beachten sollten, nochmal ins Gedächtnis rufen:

    • Wir haben einen langen Anlagehorizont (mindestens 10 Jahre)
    • Es wird nur Geld angelegt, dass weder kurz- noch langfristig für andere Projekte benötigt wird
    • Wir schieben unser Geld nicht aktiv hin und her, heißt wir verkaufen nicht kurzfristig, nur weil wir denken es wäre ein guter Zeitpunkt und investieren dann wieder woanders, weil wir denken es wäre ein guter Zeitpunkt
    • Wir verkaufen nicht aus Angst, weil die Kurse gerade mal schlecht stehen – Buy and Hold lautet die Devise

    Allein vor diesen Gesichtspunkten sollte klar sein, dass das Abbauen der Schulden oberste Priorität vor dem Investieren in ETFs hat.

    Kredite mit langer Laufzeit

    Etwas anders sieht es aus, wenn es sich um Kredite mit sehr langer Laufzeit, wie beispielsweise für eine Immobilie handelt. Dabei gibt es auch einige Eigenschaften des jeweiligen Kredites zu berücksichtigen. Wie hoch sind die Zinsen? Wie lang ist die Laufzeit? Gibt es die Möglichkeit für Sondertilgungen? Hier muss man genau die Rahmenbedingungen prüfen. Allerdings gilt auch hier, dass ein Vertrag mit der Bank geschlossen wurde und die Raten und auch Zinsen dementsprechend abgeleistet werden müssen. Wenn es möglich ist, würde ich auch hier so schnell wie möglich den Kredit abbezahlen, bevor ich in ETFs investieren würde. 

     

    Notgroschen 

    Eine Sache für die man jedoch auch, wenn man Schulden hat, etwas Geld zur Seite packen sollte, ist der Notgroschen. Dieser bewahrt dich davor im Notfall neue Schulden anzuhäufen. Hier erkläre ich dir nochmal ganz genau warum du dir einen Notgroschen anlegen solltest. 

    Fazit: Ich würde immer zuerst, wenn möglich, so schnell es geht den Kredit beziehungsweise meine Schulden begleichen, bevor ich in ETFs investieren würde. Die mit dem Kredit einhergehende Zinsbelastung und der durch die regelmäßigen Zahlungen entstehende psychische Druck, machen den Schuldenabbau zur obersten Priorität. Kreditzinsen sind garantiert. Eine Rendite durch Investitionen nicht.

    Gute Schulden vs. schlechte Schulden und wie du sie unterscheiden kannst

    Gute Schulden vs. schlechte Schulden und wie du sie unterscheiden kannst

    Gute Schulden vs. schlechte Schulden und wie du sie unterscheiden kannst

    Waaaaas? Man kann Schulden in gut und schlecht unterteilen? Früher habe ich über Schulden gar nicht weiter nachgedacht, weil ich das, was ich da fabriziert habe, oft nicht als solche erkannt habe. Dazu zählen zum Beispiel der Ratenkauf, den ich ausgewählt habe, um endlich meine wahre, einzige Traumtasche zu erwerben, von denen es leider viel zu viele gab, als dass ich sie mir hätte leisten können. Oder das neue iPhone, das man ja so praktisch direkt mit der Handyrechnung über zwei Jahre abbezahlen kann. Die kaum spürbaren Überziehungszinsen, die sich dann einfach mit in die monatlichen Abzüge geschummelt haben, wenn das Konto mal wieder rote Zahlen zeigte. All das sind Schulden, ob diese nun gut oder schlecht sind, erkläre ich dir gleich.

    Titelbild: Unsplash / Content Pixie / 2019

    Überschuldung in Deutschland

    Seit 2014 ist die Überschuldungsrate von Privatpersonen in Deutschland bereits zum fünften Mal in Folge gestiegen. Die Überschuldungsquote ist hierzulande trotz Bevölkerungszuwachs ziemlich gleichbleibend bei etwa 10%. Das bedeutet konkret, dass über 6,9 Millionen Menschen über 18 Jahre überschuldet sind. Sehr häufig genannter Grund ist tatsächlich eine unwirtschaftliche Haushaltsführung, die als schleichender Prozess zu einer Überschuldung führt. Und an diesem Punkt kann jeder etwas tun. 

    (Quelle: https://www.creditreform.de/aktuelles-wissen/pressemeldungen-fachbeitraege/show/schuldneratlas-deutschland-2018)

    Schlechte Schulden 

    Fangen wir doch mal direkt mit dem an, was du auf keinen Fall tun solltest und zwar: schlechte Schulden anhäufen. Dazu gehören definitiv, die bereits im Eingang erwähnten Ratenkäufe für beispielsweise Taschen, Smartphones oder auch sonstige Konsumgüter. Damit ist nicht nur solcher Kleinkram gemeint, sondern auch größere Anschaffungen, wie ein Fernseher, das neueste Lautsprecher-System oder auch ein Auto. 

    Warum sind diese Schulden schlecht? 

    Du zahlst immer drauf. Entweder direkt in Form von Zinsen, die du mit einer etwas höheren Rate gleich mitbezahlst oder mit dem Druck der monatlichen finanziellen Belastung. 

    Titelbild: Unsplash / Julian O’Hayon / 2019

    Auch, wenn es sich um eine Null-Prozentfinanzierung handelt, hättest du diesen oder jenen Gegenstand ja gar nicht gekauft, wenn es keine Ratenzahlung gäbe. Also im Prinzip könntest du dir das neue Handy gar nicht leisten. Jetzt kommt Mediamarkt mit seiner Null-Prozentfinanzierung um die Ecke, du kannst es dir immer noch nicht leisten, kaufst es aber trotzdem. Wenn du dir etwas leisten kannst, kannst du es auch auf einen Schlag bezahlen. Vor allem diese regelmäßigen, monatlichen Zahlungen können dich belasten. Zum einen, wenn mal ein Notfall dazwischen kommt und du die Rate nicht mehr bezahlen kannst oder zum anderen, wenn du so viele verschiedene Ratenkäufe abgeschlossen hast, sodass am Anfang des Monats dein Einkommen quasi direkt wieder futsch ist. Also merke dir: Konsumschulden sind nie gut. Sie belasten nicht nur deinen Geldbeutel, sondern auch dein Gemüt. Leider sind sie gesellschaftlich akzeptiert und unser Gehirn ist immer auf die sofortige Belohnung ausgerichtet. Widerstehe diesem Impuls und arbeite auf eine zukunftsorientierte Bedürfnisbefriedigung hin und nicht auf den kurzfristigen Endorphinausstoß. 

    Also merke: Häufe niemals Konsumschulden an!



    Gute Schulden

    Schulden sind ja per se schon recht negativ konnotiert. Allerdings sind sie unter gewissen Umständen unumgänglich und können natürlich auch ein positives Ergebnis hervorrufen. 

     

    Wie funktionieren gute Schulden? 

    Zu den guten Schulden kann man sogenannte Investmentschulden zählen. Die Investitionen, die damit getätigt werden haben zum Ziel, dass sie bei Wiederverkauf einen Gewinn einbringen oder positiven Cashflow erzeugen. Sprich du hast am Ende mehr raus, als du reingesteckt hast. Zu solchen Investments können Aktien, Kunst, Antiquitäten aber auch Immobilien gehören.


    ABER: Du solltest nie nie NIE NIEE NIEEE NIIIIIIEEE NIEMALS einen Kredit aufnehmen, um damit Aktien oder ETFs kaufen zu können. 

    Auch bei Immobilien gibt es Einschränkungen. Denn eine selbstgenutzte Immobilie erzeugt in der Regel keinen Cashflow. Bei einer Immobilie, die du vermietest, sieht das schon anders aus. Jedoch müssen beim Immobilienkauf sehr viele Faktoren berücksichtigt werden.  

    Titelbild: Unsplash / Nicole Honeywill / 2019

    Deshalb ist mein wichtigster Grund für gute Schulden: das Humankapital. Stell dir mal vor, wie viele junge Menschen es wirklich schwer hätten ein Studium abzuschließen, wenn es das Bafög nicht gäbe. Auch das sind Schulden, allerdings zahlen diese auf dein Humankapital ein, also dein Wissen, mit dem du später (hoffentlich) weitaus mehr Geld verdienen wirst. Davon abgesehen lässt sich beispielsweise das Bafög, zu sehr humanen Konditionen beziehen. So ist Geld, das du in dein Humankapital investiert, immer ein vielfaches wert. Noch schöner ist es natürlich, wenn du dafür keinen Kredit aufnehmen musst, aber das kann man sich nunmal nicht immer aussuchen. Auch ich musste damals Bafög beziehen und hatte nach dem Studium einen Batzen Geld, den ich dann zurückzahlen musste. Aber diese Investition in meine Bildung hat sich auf jeden Fall gelohnt.