Wie Instagram dein Mangeldenken fördert

    Wie Instagram dein Mangeldenken fördert

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    Wie Instagram dein Mangeldenken fördert

    Ab Ende März, als dann mit Corona alles so richtig losging und ich aufgrund meiner Schwangerschaft ein Beschäftigungsverbot erhalten habe, bin ich in ein richtiges Motivationsloch gefallen. Instagram bedeutete für mich dann Entspannung und Belohnung. Doch hinter der App steckt noch viel mehr.

    Titelbild: Unsplash / NeONBRAND / 2021

    Welche Gedanken habe ich, wenn ich auf Instagram unterwegs bin?

    Ich folge vielen Accounts bei denen es um das tägliche Leben geht, bei einigen auch mit Kind. Dazu gehören jedoch auch Fashionhauls, Dekotipps, Schminktutorials und Fitnessmotivation. Das kann auf der einen Seite natürlich auch sehr inspirierend sein und man denkt: “Ah, so könnte meine Hose und meinen Pulli auch mal kombinieren.” oder “Toll, wie sie es schafft mit dem Kinderwagen joggen zu gehen, das mache ich heute auch.” Auf der anderen Seite kann mich dabei auch ein ständiges Gefühl des Mangels beherrschen. Ich habe dann oft eher folgende Gedanken:

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    Bild: Unsplash / Paweł Czerwiński / 2021

    “Wow ist die jetzt schon wieder schlank. Warum bin ich nicht so schlank.”

    “Wenn ich so dünn wäre, würden die Sachen an mir auch so gut aussehen.”

    “Was die für einen tollen Kleiderschrank hat. Ich will auch so viele Teile.”

    “Ich will auch dieses Paar Schuhe.”

    “Ich will auch diesen Rock.”

    “Ich will auch diese Jacke.”

    “Krass die bauen jetzt ein Haus, haben die es gut.”

    “Oh die Kinder haben sooo süße Sachen. Das brauche ich auch.”

    Welche Gefühle entstehen dabei?

    Bei diesen Gedanken entstehen dann negative Gefühle in meinem Inneren. Ich fühle mich ungenügend, schlecht, unzulänglich, mangelhaft, denn:

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    „Ich bin nicht schlank genug.“

    „Ich bin nicht wohlhabend genug.“

    „Ich verdiene nicht genug Geld.“

    „Ich arbeite nicht hart genug.“

    „Ich habe nicht genug Schuhe / Röcke / Jacken / … Kerzen (?!??!).“

    „Mein Kind ist nicht schick genug angezogen.“

    „Ich mache nicht genügend Sport.“

    „Ich bin nicht schön genug.“

     

    Bild: Unsplash / Tiko Giorgadze / 2021

    Ich gebe mir also unterschwellig, während ich Instagram benutze, die ganze Zeit die Botschaft mit: Ich bin nicht genug. Aber zum Glück hat Instagram ja gleich eine Lösung für mich parat, um diese innere Leere zu füllen.



    In welche Handlungen übersetze ich meine Gefühle?

    Um dieses unterbewusste negative Gefühl in mir loszuwerden und meinen Mangel zu beheben, beginne ich Produkte zu kaufen, die angebliche meine Probleme lösen können. Ich übersetze meine Gefühle dann in folgende Handlungen:

    Aus: “Ich bin nicht schlank genug.” > Wird: “Kann ich ja mit dem neuen Fitnessprogramm beheben, das hier gerade gezeigt wird.”

    Aus: “Ich verdiene nicht genug Geld.” >Wird: “Kann ich beheben, indem ich mir jetzt diese tolle Kamera kaufe. Dann kann ich auch so schöne Bilder auf Insta posten.”

    Aus: “Ich habe nicht genug Schuhe.” > Wird: “Mit einem Klick bin ich direkt bei Aboutyou und kann mir direkt genau diese Schuhe kaufen, die an ihr so gut aussehen.” 

    Aus: “Mein Kind ist nicht schick genug angezogen.” > Wird: “Kein Problem, wir haben da etwa sfür dich.”

    Aus: “Ich mache nicht genügend Sport.” > Wird: “Wenn ich mir jetzt diesen Sportkinderwagen kaufe, dann kann ich auch joggen gehen.”

    Aus: Ich bin nicht schön genug.” > Wird: “Mit der Lidschattenpalette und dem Rouge kann ich mir auch so eine natürlich Glow zaubern und sehe genauso schön aus, wie sie.”

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    Bild: Unsplash / Charles Deluvio / 2021

    Welche Ergebnisse ziehe ich damit in mein Leben?

    Wenn ich diese App öffne, möchte ich inspiriert und unterhalten werden, zum dem Preis, dass ich mich eigentlich die ganze Zeit beschissen fühle. Mal bewusst, mal mehr unterbewusst. Ich erzeuge in mir ein ständiges Gefühl von: “Ich bin nicht genug.” Um diese Disharmonie in meinem Innern aufzulösen, beginne ich Produkte zu kaufen, die diesen angeblichen inneren Mangel beseitigen. Ich empfinde ein sehr, sehr kurzes Glücksgefühl. Mit etwas gutem Willen auch noch einen Hauch Motivation.Währenddessen beschleicht mich aber auch das Gefühl des schlechten Gewissen, dass ich schon wieder so viel Geld ausgegeben habe. Kurze Zeit später stelle ich überrascht fest, dass dieses eine Produkt mein Leben doch nicht verändert hat.

    “Ja, ich habe ein paar Mal den Fitnesskurs absolviert, aber richtig schlank, so wie mein Vorbild, bin ich immer noch nicht.”

    “Ja, ich habe einige tolle Bilder mit der Kamera gemacht, aber ich habe noch lange nicht genügend Follower auf Instagram, um damit Geld zu verdienen.”

    “Ja, ich habe jetzt dieses Paar Schuhe, aber zu der neuen Jacke passen die nun wirklich nicht.”

    “Ja, ich war mit dem neuen Sportkinderwagen ein paar Mal joggen, aber eigentlich macht mir joggen gar keinen Spaß.”

    “Ja, das Schminken mit der neuen Lidschattenpalette und dem Rouge hat mir Spaß gemacht, aber so richtig schön fühle ich mich jetzt immer noch nicht.”

    “Man mit diesem Fitnesskurs, dieser Kamera etc. sollte es doch endlich klappen. Ich kann auch gar nichts. Ich glaube ich brauche mal ein bisschen Ablenkung und Entspannung. Ich schaue mal Instagram, was da gerade so los ist…..”

    Wie kann ich dieser Spirale entkommen?

    Zunächst einmal solltest du dich selbst beobachten:

    Was denke ich, wenn ich auf Instagram unterwegs bin?

    Wie fühle ich mich dabei?

    Was löst das in mir aus?

    Was möchte ich tun, wenn ich auf Instagram unterwegs bin?

    Was motiviert und inspiriert mich wirklich? Was zieht mich nur runter?

    Ganz ehrlich, wenn du dich dabei die meiste Zeit schlecht fühlst und deine Gedanken davon beherrscht sind, was du alles nicht kannst, bist und hast, dann lösch die App! WAAASSS?!!! Das geht doch nicht! Doch, das geht! Du könntest sie ja gegebenenfalls irgendwann wieder installieren.

    Versuche dann mal eine Woche ohne die App auszukommen und registriere, wie du dich dabei fühlst. 

    Ich habe folgende Veränderungen bei mir feststellen können:

    Ich fühle mich weniger zu dick, zu unsportlich, hässlich

    Ich habe komplett vergessen welche Produkte noch auf meiner Klamotten-Wunschliste waren

    Ich habe überhaupt keinen Drang mehr etwas zu kaufen

    Ich habe kein schlechtes Gewissen mehr, weil ich so viel Zeit damit verdödele

    Probiere es wirklich mal eine Woche aus und schreibe dir auf welche Veränderungen du feststellen kannst. Vielleicht brauchst du die App dann gar nicht mehr. Falls du sie dennoch wieder installieren willst, suche dir genau die Accounts heraus, bei denen du dich wirklich motiviert und inspiriert fühlst. Achte dann aber darauf nicht so schnell wieder in alte Muster zurückzufallen. Überprüfe immer wieder in einem Schnelltest: 

    Welche Gedanken habe ich und wie fühle ich mich damit? 

    Wie beeinflussen die Sozialen-Medien dein Kaufverhalten?

    Wie beeinflussen die Sozialen-Medien dein Kaufverhalten?

    Wie beeinflussen die Sozialen-Medien dein Kaufverhalten?

    In meiner Zeit bevor ich mir noch nicht wirklich darüber im Klaren war, wie viel ich eigentlich einkaufe, hatte ich noch die Vorstellung davon, dass Instagram, Newsletter und Outfit-Seiten auf Facebook einfach nur inspirierend wirken. Doch spätestens, als ich die erste große Kiste Gewürze bestellt hatte, nur, weil gerade jemand eine Packung in die Kamera gehalten hat, hätte mir klar sein müssen, dass die Produkte auf Social Media mehr sind, als nur nett gemeinte Vorschläge.

    Titelbild: Unsplash / Georgia de Lotz / 2019

    Instagram – eine riesige Werbeplattform?!

    Ich muss zugeben, dass mir das nicht von Anfang bewusst war. Als ich mich vor etlichen Jahren bei Instagram anmeldete, konnte ich stundenlang in der App versinken, die mir überfilterte Scheinwelten zeigte. Nachdem ich mir meinen eigenen Feed mit entsprechenden Profilen und Hashtags zusammengestellt hatte, bekam ich nun täglich neueste Mode, aktuelle Make-Up Produkte und noch ein bisschen Geplänkel drum herum, um das Ganze hübsch zu verpacken, angezeigt. Dabei dachte ich in erster Linie nur daran mich unterhalten zu lassen. Kurz ein bisschen abschalten zwischen zwei Aufgaben. Aber, was all die schönen Bilder mit meinem Unterbewusstsein anstellten, war mir damals noch nicht wirklich klar. Nach den Gewürzen folgten etliche Lidschatten-Paletten, Lippenstifte, Nahrungsergänzungsmittel, Hosen und Pullover, die ihren Weg quasi direkt von Instagram in mein Zuhause fanden. 

    Ich muss zugeben, dass mir das Ausmaß auch erst richtig bewusst wurde, als ich mir mal wieder eine Story einer reichweitenstarken Influencerin anschaute, in der sie gerade die neuesten Teile ihrer Bestellung präsentierte und mein Mann meinte: “Das ist ja so als würde den ganzen Tag Home Shopping laufen. Eine riesen Werbesendung!”. Und ja recht hat er. In den Stories, die ich so normalerweise schaue, geht es zu 20% um den Alltag, der sich dort präsentierenden Menschen und in den restlichen 80% der Story, um Produkte, die verkauft werden. Natürlich kann man sich davon auch inspirieren lassen, aber welche Art von Inspiration ist es, sich jeden Tag anzuschauen, was eine andere Person trägt und sich zu wünschen das gleiche zu haben. Aber auch ich schaue mir die Stories, wenn es um Bekleidung geht auch sehr gern an, den Rest überspringe ich. Also auch ich bin nicht davor gefeit, mir den neuesten Fashion-Haul anzuschauen. Kann ich den Influencern da einen Vorwurf machen? Nein! Ich selbst entscheide, dass ich das gern sehen möchte und viele der Follower/innen fragen ja auch explizit nach diesen Dingen. Nur weil ich mich nicht für die neuesten Duftkerzen und Toppings für Smoothiebowls interessiere, scheint doch die Mehrheit der Storygucker daran interessiert zu sein. Wir sind süchtig danach uns anzuschauen, wie unsere “Vorbilder”, die sich so präsentieren, als wären sie unsere Freundinnen, sich kleidern, ihr Zuhause einrichten und was sie gerade essen. 

    Bei meinem Rückfall hat Instagram einen sehr großen Beitrag zu meinen vermeintlichen Wünschen geleistet. Ich war in diesem Moment nicht reflektiert genug und bin einfach wieder meinen alten Mustern gefolgt. Instagram und die Influencer machen es einem da natürlich so einfach, wie möglich. “Hier ist mein #Ootd ich hab euch hier direkt mal alles verlinkt. Für den Pulli, den ich gerade trage, einfach nur mal kurz nach oben swipen.” Lieb von dir Insta, wirklich, aber leider verleitest, du viele Menschen zu zahlreichen unnötigen Käufen. Besonders problematisch finde ich, dass sich so viele, sehr junge Menschen auf der Plattform bewegen, die das mit Sicherheit nicht so reflektiert betrachten, wie ich das im Moment hier gerade tue. Immerhin ist es mir noch vor einem Jahr ebenso ergangen und auch im Oktober beim Rückfall, habe ich nicht gerade ein rationales Verhalten an den Tag gelegt.



    Hier einige Facts zu Instagram:

    • im Juni 2018 knackte Instagram die 1 Milliarde
    • 500 Millionen nutzen das Netzwerk täglich
    • Anzahl der Unternehmen auf Instagram: mehr als 25 Millionen
    • 31% der Instagram Nutzer weltweit sind zwischen 18 und 24 Jahren alt
    • 32% der Nutzer sind zwischen 25 und 34

    [Quelle: https://www.statista.com/statistics/325587/instagram-global-age-group/]

    • Instagram hat jetzt mehr als 2 Millionen monatliche Werbetreibende und 25 Millionen Businessprofile
    • über 200 Millionen Instagrammer besuchen täglich mindestens ein Unternehmensprofil
    • es gibt 500.000 aktive Influencer auf Instagram
    • 78% der Influencer bevorzugen Instagram für die Markenkooperation
    • 55,4% der Influencer nutzen Instagram Stories für gesponserte Kampagnen

    [Quelle: https://www.omnicoreagency.com/instagram-statistics/]

    Wie beeinflussen Influencer unser Kaufverhalten?

    Zu diesem Thema gibt es bereits einige Studien. ich habe hier mal die von PWC herangezogen. 

    [Quelle: https://www.pwc.de/de/handel-und-konsumguter/pwc-zwischen-entertainer-und-werber.pdf]

    Hier die wichtigsten Fakten:

    • 16 -19 Jährige sind täglich rund 5 Stunden auf Social-Media-Kanälen aktiv
    • in dieser Zielgruppe sind Youtube (96%) und Instagram (73%) die beliebtesten Plattformen
    • 30% der Befragten ist bereits durch Influencer auf ein Produkt aufmerksam geworden, bei den 16 -19 Jährigen sind es 76 (!) %
    • bereits 29% der Befragten haben bereits aufgrund einer Influencer Empfehlung ein Produkt gekauft 
    • dabei geben Frauen im Schnitt 71 EUR aus, während Männer mit 131 EUR etwas tiefer in die Tasche greifen

    Fazit: 

    Wir interagieren mit den Sozialen-Medien, um mit anderen in Kontakt zu bleiben und uns inspirieren zu lassen. Das sind zwei sehr schätzenswerte Merkmale. Jedoch ist der Grat zwischen Inspiration und Verkaufsshow hier oft sehr schmal. Wir lassen uns das Gefühl vermitteln, dass wir jemanden vor uns haben, den es nachzueifern gilt. Wir werden permanent dazu angeregt uns mit anderen zu vergleichen und lassen uns dabei vorgaukeln, dass, wenn wir nur ein paar von den Dingen hätten, die diese Person uns da gerade präsentiert, wir uns definitiv besser fühlen würden.

    Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass ich weder mit den Gewürzen noch mit den zahlreichen Bestellungen von Hosen und Pullover, die an mir allesamt furchtbar aussahen, ein erfüllteres Leben geführt habe. Wie gesagt ich kann den ganzen Influencer/innen da keinen Vorwurf machen. Für sie ist das ein Job, für den sie bezahlt werden. Gesetzlich wird versucht den Verbraucher durch die Kennzeichnung “Werbung” vor den teils offensichtlichen, teils unterschwelligen Produktplatzierungen zu schützen. Der Unterschied zwischen gekennzeichneter Werbung in anderen Medien ist für mich hier jedoch, dass diese von jemandem präsentiert wird, der sich authentisch gibt und dem ich mein Vertrauen schenke. Zumindest, wenn ich demjenigen gern folge, wird das sicher einen Grund haben. Wahrscheinlich mag ich die Person und bin auch eher geneigt ihr zu glauben. Ich finde sie sympathisch. Ich finde die Produkte, die sie verwendet sympathisch. In mir wird der Wunsch geweckt diese Produkte auch zu besitzen. Bei dieser Kette, die in wahrscheinlich nicht nur in meinem Unterbewusstsein abläuft, nützt auch die Kennzeichnung “Werbung” häufig nichts. Daher kann und muss sich jeder hier ein Stück weit selbst schützen.

    Wir müssen uns im Klaren darüber sein, dass eine Instagram-Story eine reine Verkaufsveranstaltung sein kann. Auch, wenn wir uns gern von diesen Leuten inspirieren lassen, müssen wir uns bewusst sein, dass wir dafür nicht deren angepriesene Produkte benötigen, um ein besseres Leben zu führen. Also lasst uns mit mehr Achtsamkeit und mit einem größeren Bewusstsein den Umgang mit unseren Sozialen-Medien genießen.