Endlich Feierabend! Julia hat einen stressigen Arbeitstag hinter sich. Leider verlief heute nicht alles nach Plan – zuerst hat ihre Vorgesetzte ihre Präsentation zerrissen, während ihr Kollege anstatt aufmunternder Worte nur einen abschätzigen Blick für sie übrig hatte und obendrein läuft sie seit dem frühen Morgen mit einem Kaffeefleck auf ihrer Hose herum, den sie aber erst am Nachmittag im Spiegel sieht. Es gibt nur eine Sache, die sie nach diesem Martyrium aufmuntern kann – eine ausgedehnte Shoppingtour. 

    Zielgerichtet fährt Julia zum Einkaufszentrum. Zweieinhalb Stunden später kommt sie mit drei prallen Tüten wieder heraus. Aus dem einen Pulli, den sie unbedingt wollte, weil sie ihn gestern auf Instagram so schick fand, wurden zwei Röcke, ein Kleid, ein Schal und natürlich der Pullover. Da sie sich nicht entscheiden konnte, hat sie diesen nicht nur einmal, sondern direkt dreimal in verschiedenen Farben gekauft. 

    Mit gemischten Gefühlen macht sich Julia auf den Weg nach Hause. Einerseits zufrieden mit ihrer Ausbeute, andererseits mit einem schlechtem Gewissen, denn schließlich war diese Aktion gerade nicht sonderlich vorteilhaft für ihren Geldbeutel. Ich kann Julias Einkaufsverhalten nur allzu gut nachvollziehen, denn ich bin Julia. 

    Diese oder eine ähnliche Situation hast du vielleicht auch schon einmal erlebt. Möglicherweise fragst du dich nun des Öfteren: “Ist für mich Einkaufen Hobby oder Sucht?” Wie du diese beiden Dinge voneinander unterscheiden kannst und, ob du bereits eine Art von Abhängigkeit entwickelt hast, klären wir in diesem Blogbeitrag! 

    Einkaufen, wie das Hobby zur Sucht werden kann

    Was ist der Unterschied zwischen einem Hobby und einer Sucht?

    Ein Hobby ist eine in der Freizeit ausgeübte Beschäftigung, die aus Interesse oder Neigung mit einem gewissen Eifer betrieben wird. Diese Tätigkeit wird freiwillig und regelmäßig ausgeübt und dient der Entspannung sowie dem eigenen Vergnügen. Zudem trägts das Hobby zur Definition des eigenen Selbstbildes bei und stellt einen Teil der eigenen Identität dar. 

    Willst du wissen, ob Einkaufen Hobby oder Sucht ist, musst du dich ebenso mit dem unangenehmen Part auseinandersetzen. Daher schauen wir uns nun näher die Erklärung für den Begriff Sucht an. Diese beschreibt ein unüberwindbares Verlangen nach einem bestimmten Erlebnis oder Zustand. Diesem Ansinnen werden alle anderen rationalen Argumente untergeordnet. Die Abhängigkeit kann dazu führen, dass der Person soziale Nachteile entstehen.

    Da es eine Vielzahl von Suchterkrankungen gibt und diese sich in ihren Symptomen und Auswirkungen unterscheiden, möchte ich an dieser Stelle näher die Merkmale der Kaufsucht eingehen.



    Wie äußert sich eine Kaufsucht?

    Kaufsucht ist keine Erkrankung, die als offizielle Diagnose anerkannt wird. Nach Schätzungen sind in Deutschland fünf Prozent der Bevölkerung kaufsuchtgefährdet. Da das Kaufverhalten der restlichen 95 Prozent nicht als gesundheitlich schädlich eingestuft wird, halten sich die finanziellen Mittel zur Erforschung des problematischen Verhaltens in Grenzen. Meines Erachtens muss Konsum nicht erst pathologisch krankhaft sein, um als alltägliche Einschränkung zu gelten. Das Einkaufen, sei es das zwanzigste Schnäppchen, die neuesten Elektroartikel oder die teuersten Designerstücke, wird als in der Gesellschaft völlig normaler Lebenswandel betrachtet. 

    Der Konsum von Gegenständen gehört in unserer westlichen Welt ebenso zur Normalität, wie der von Zucker, Alkohol und Kaffee. Extrem sind die, die auf diese Dinge verzichten. Auch, wenn viele Menschen nicht per Definition an einer Kaufsucht erkrankt sind oder kurz davor stehen, so stellt das permanente Gefühl von “Haben-wollen” doch für fast alle ein Problem dar.  

    Nichtsdestotrotz wollen wir uns nun die Symptome etwas genauer anschauen, die herkömmlicherweise genutzt werden, um “normales” Kaufen von einem pathologischen Konsumverhalten zu unterscheiden. 

    Folgende Kriterien sprechen für eine Kaufsucht oder auch Shoppingstörung:

    • Die Gedanken des Betroffenen kreisen sehr oft um kaufbezogene Themen und Konsumgüter.
    • Beim Einkaufen entsteht wiederholt ein Kontrollverlust, der in wahren Kaufattacken mündet.
    • Das Kaufverlangen ist beim Einkaufen ausgesprochen intensiv.
    • Durch das ausgeprägte Kaufverhalten entstehen für den Betroffenen negative Konsequenzen. Diese äußern sich mitunter in Konflikten mit der Familie oder Freunden. Zudem folgen häufig berufliche und finanzielle Probleme, die in einer Verschuldung münden können.
    • Die ausgegeben Geldsummen greifen früher oder später die finanziellen Ressourcen der Betroffenen an.
    • Oftmals ist das Kaufen mit emotionalen Ursachen verbunden. Dazu zählen zum Beispiel Langeweile, Unmut, leichte Verstimmungen, Verdruss oder Unzufriedenheit. Der Kaufakt an sich wird dann als belohnend und Ego aufwertend empfunden.
    • Die Ware wird in einer nicht notwendigen Stückzahl erworben oder es werden Produkte gekauft, die generell nicht gebraucht werden. Unter Umständen werden diese Konsumgüter verstaut, verschenkt, vergessen oder sogar weggeschmissen. 

    Erinnern wir uns nochmal an das in der Einleitung beschriebene Beispiel. Nachdem, was du nun bereits über die Shoppingstörung gelesen hast, was würdest du sagen? Ist das Einkaufen Hobby oder Sucht? Ich selbst habe mich zu Beginn mit dem Begriff Kaufsucht schwergetan. Das erste, was einem dabei häufig in den Sinn kommt, ist eine hochverschuldete Frau, deren komplette Wohnung mit Designer-Pieces vollgestopft ist. Hat man dieses Bild vor Augen, ist es leicht zu sagen: “Es kaufen ja alle so viel. Das ist völlig normal. Ich will mir doch auch mal etwas gönnen. Solange es nicht soweit kommt…”

    Wie findest du heraus, ob das Einkaufen Hobby oder Sucht ist?

    Mittlerweile hat sich meine Vorstellung einer kaufsüchtigen Person jedoch gewandelt. Gemessen an den Kriterien, die für eine solche Erkrankung sprechen, reichen weniger dramatische Konsequenzen aus, um festzustellen, dass etwas aus dem Ruder läuft. Zur besseren Veranschaulichung möchte ich dir kurz einige Beschreibungen meines damaligen Alltags geben.

    Immer, wenn ich ein neues Kleidungsstück in einem Newsletter oder auf Instagram gesehen habe, konnte ich an nichts anderes mehr denken, bis ich dieses endlich in den Händen hielt. Das geht mir leider heute noch manchmal so. Daher hilft es mir sehr, vorübergehend auf Insta zu verzichten. Für mich war es völlig normal, dass Bestellungen von einem oder zwei Teilen letztendlich auf einen Warenkorb von 1.000 EURO hinausliefen. 

    Die Berge an Klamotten führten nicht selten zu Streit in der Familie. Zum Glück kam dabei nie ein größerer Schuldenberg zusammen. Dennoch verwendete ich oft mein Erspartes, um zu Shoppen und reizte fast jeden Monat den Dispo aus. Zu oft musste ich mit dem neuen Gehalt direkt die offen gebliebenen Rechnungen des letzten Monats bezahlen. Häufig erfolgten Käufe aus dem Wunsch nach Anerkennung und der Jagd nach einer Idealvorstellung meiner Selbst heraus. 



    Oft wollte ich mich mit meinen Käufen selbst belohnen und solange noch Geld da ist, kann ich dieses genausogut ausgeben. Nach dem Shopping landeten die Stücke häufig im Schrank, wo ich sie auf der Suche nach dem nächsten wunderschönen Kleidungsstück direkt wieder vergaß. Ich habe einen Pullover in sechs verschiedenen Farben und auf “Vorrat” identische Röcke gekauft, da diese gerade im Sale waren. Die Kleidungsstücke, die noch ein Preisschild trugen, bevor ich die aussortiert habe, sind an vier Händen nicht mehr abzuzählen.

    Du siehst, auch, wenn ich nicht das Klischee einer verzweifelten Peter Zwegat Mandantin entspreche, stellte sich bei mir die Frage: “Einkaufen – Hobby oder Sucht?” nicht mehr. Mein Kaufverhalten entsprach vielleicht noch der in der Gesellschaft akzeptierten Norm, doch bedeutete es für mich Einschränkungen, emotionalen Stress und enormen innerlichen Druck. Mittlerweile habe ich meine Finanzen gut im Griff und gebe weniger Geld für sinnlosen Kram aus. Dennoch muss ich mich stets immer wieder selbst reflektieren, um nicht in alte Verhaltensmuster zu fallen   

    Nun kannst du für dich selbst überprüfen, inwiefern diese Punkte auf dich zutreffen. Selbst, wenn du möglicherweise nicht alle Kriterien für eine Kaufsucht erfüllst, kann es dennoch sein, dass du unzufrieden mit deiner Beziehung zu Geld und deinen Finanzen bist, dass das Einkaufen und die Dinge, die sich bei dir horten dich belasten oder, dass du versuchst andere Gefühle mit dem Shoppen zu überspielen. Das kannst nur du allein herausfinden. Schau achtsam auf dich und deine Emotionen. Sei dabei ehrlich zu dir selbst und erlaube dir genauer hinzuschauen.

    Wie fühlst du dich gerade mit deinem Kaufverhalten? Bist du zufrieden mit deiner finanziellen Situation? Schreib es mir gern in die Kommentare. Ich freue mich von dir zu lesen 🙂